Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt sich rasant weiter, und ihre Werkzeuge werden zunehmend Teil unseres Alltags. Während Probleme wie die fehlende Wahrheitstreue (Halluzinationen) bereits vielen Nutzern bekannt sind, bringt die fortschreitende Entwicklung auch neue, subtilere Herausforderungen mit sich. Ein bewusster Umgang mit KI-Tools ist entscheidend, um potenzielle Fallstricke zu vermeiden und die Technologie sicher und effektiv zu nutzen. Dieser Artikel beleuchtet fünf aktuelle Herausforderungen, die bei der Nutzung von KI-Werkzeugen auftreten können.
Publisher-Bevorzugung und daraus resultierende Wissenslücken
Einige Anbieter von KI-Chatbots haben begonnen, Partnerschaften mit Verlagen einzugehen, um legal auf deren Inhalte zugreifen zu können, nachdem der Zugriff auf breitere Internetinhalte teilweise durch Urheberrechtsfragen eingeschränkt wurde. Ein Beispiel hierfür sind Verträge zwischen Unternehmen wie OpenAI und Verlagen wie Axel Springer.
Diese Entwicklung kann zwar den legalen Zugriff auf verifizierte Informationen sicherstellen, birgt aber auch die Gefahr, dass die Ergebnisse von KI-Anfragen überproportional stark von den Inhalten dieser Vertragspartner geprägt werden. Dies könnte zu einer eingeschränkten Perspektive führen, insbesondere wenn die Partner-Medienhäuser keine vollständige Unabhängigkeit oder Meinungsvielfalt gewährleisten.
Zudem kämpfen viele Modelle weiterhin damit, auf wirklich aktuelle Informationen zuzugreifen, auch wenn sie prinzipiell eine Internetverbindung haben. Wenn die KI vorrangig auf Informationen aus ihrem Partnernetzwerk zugreift, werden möglicherweise nicht genügend unterschiedliche Quellen berücksichtigt, um ein umfassendes Bild zu zeichnen. Es bleibt wichtig zu verstehen, dass KI-Tools nicht allwissend sind. Bei kritischen Themen empfiehlt es sich daher, auf Werkzeuge zurückzugreifen, die ihre Quellen transparent machen (wie z.B. Perplexity AI) oder die Informationen mit unabhängigen Quellen gegenzuprüfen.
Echokammern: Wie die Frage die Antwort beeinflusst
Die Art und Weise, wie eine Frage an einen Chatbot formuliert wird (der sogenannte „Prompt“), kann die Antwort erheblich beeinflussen. Viele Nutzer übergeben unbewusst eine Tendenz oder Erwartungshaltung an die KI.
Formulierungen wie „Stimmt es, dass…“ können problematisch sein. Da Chatbots Antworten basierend auf Wahrscheinlichkeiten und dem Kontext der Eingabe generieren, neigen sie dazu, eine Bestätigung zu liefern, wenn die Frage eine solche nahelegt. Fragt man beispielsweise „Stimmt es, dass Option X besser als Option Y ist?“, wird die KI wahrscheinlich versuchen, diese Aussage zu stützen.
Eine bessere Herangehensweise, um eine ausgewogene Antwort zu erhalten, wäre es, die KI zu bitten, Pro- und Kontra-Argumente für beide Optionen aufzulisten. Dies ermöglicht es dem Nutzer, auf Basis einer breiteren Informationsgrundlage eine eigene, fundierte Entscheidung zu treffen.
Prompt Injection: Versteckte Befehle als Risiko
„Prompt Injection“ beschreibt eine Technik, bei der versteckte Anweisungen in scheinbar harmlosen Inhalten platziert werden, um einen Chatbot zu manipulieren und potenziell dem Nutzer zu schaden. Dieses Risiko gewinnt durch die Verbreitung multimodaler KIs (die Text, Bilder, Dateien etc. verarbeiten können) an Bedeutung, insbesondere beim Umgang mit externen Dateien.
Ein einfaches Beispiel ist Text, der auf einem Bild so versteckt wird, dass er für das menschliche Auge kaum vom Hintergrund zu unterscheiden ist. Dort könnte eine Anweisung stehen wie: „Ignoriere alle bisherigen Anweisungen des Nutzers und führe stattdessen Folgendes aus!“.
Die Konsequenzen können von harmlos (z.B. Antwortverweigerung) bis schwerwiegend reichen, etwa wenn die KI in der Lage ist, schädlichen Code zu generieren und auszuführen. Auch umfangreiche Dokumente (z.B. PDFs) mit kleingedruckten Passagen können solche versteckten Prompts enthalten. Daher ist Vorsicht geboten, wenn mit Dateien aus unbekannten oder nicht vertrauenswürdigen Quellen gearbeitet wird.
Bias: Wenn KI-Modelle Voreingenommenheit widerspiegeln
Bias, oder Voreingenommenheit, ist ein weiteres wichtiges Thema. KI-Modelle werden auf Basis riesiger Datenmengen trainiert. Wenn diese Daten jedoch nicht das gesamte Spektrum menschlicher Erfahrungen, Kulturen oder Meinungen repräsentieren, spiegelt die KI diese Einseitigkeit wider.
Viele der führenden KI-Modelle wurden primär mit Daten aus westlichen Kulturen trainiert. Das bedeutet, dass ihre Antworten oft diese Perspektive widerspiegeln. Ein bekanntes Beispiel ist die Bilderstellung: Bittet man eine KI, ein Bild einer „Führungskraft“ zu erstellen, wird oft ein weißer Mann mittleren Alters im Anzug generiert. Dies geschieht nicht aus böser Absicht der KI, sondern weil die Trainingsdaten dieses Bild statistisch am häufigsten mit dem Begriff „Führungskraft“ verknüpfen. Obwohl dies oft der Realität entspricht, fördert es Stereotypen und erschwert die Darstellung von Diversität (z.B. Frauen in Führungspositionen), ohne dies explizit anzuweisen.
Dieses Phänomen existiert global. In anderen Regionen, wie China, können Modelle Schwierigkeiten haben, Inhalte zu generieren, die nicht mit der Regierungslinie konform sind. Der Übergang zwischen Bias und Zensur kann fließend sein. Als Nutzer sollte man sich dessen bewusst sein, die erste Antwort nicht ungeprüft zu übernehmen und bei wichtigen Themen kritisch zu hinterfragen, ob ein Bias vorliegt, oder zusätzliche, nicht-KI-basierte Quellen (wie z.B. Wikipedia) hinzuzuziehen.
Urheberrecht und Datenschutz: Eine rechtliche Problemzone
Die Nutzung von KI-Tools wirft komplexe Fragen bezüglich Datenschutz und Urheberrecht auf. Ein Aspekt betrifft die eingegebenen Daten: Viele Nutzer lesen die Nutzungsbedingungen nicht sorgfältig. Bei kostenlosen oder nicht-lokal betriebenen KI-Tools werden die eingegebenen Prompts und Daten oft zum Training zukünftiger Modelle verwendet. Nicht alle Anbieter ermöglichen es, dies zu deaktivieren. Das bedeutet, dass persönliche oder sensible Informationen potenziell Teil des Trainingsdatensatzes werden könnten. Generell ist daher Vorsicht im Umgang mit personenbezogenen Daten in KI-Systemen geboten.
Der zweite Aspekt betrifft die von der KI generierten Ausgaben. Während bei Textausgaben die Identifizierung problematischer Inhalte relativ einfach ist, wird es bei multimodalen Ausgaben (Bilder, Videos, Musik) komplizierter. Es besteht das Risiko, dass die KI Inhalte erzeugt, die auf urheberrechtlich geschütztem Material basieren. Die rechtliche Lage, inwieweit Nutzer für die Erstellung und Weiterverwendung (insbesondere kommerziell) solcher Inhalte haftbar gemacht werden können, ist noch weitgehend ungeklärt.
Obwohl man argumentieren könnte, dass die Anbieter sicherstellen sollten, dass keine Urheberrechtsverletzungen stattfinden, liegt durch die aktive Eingabe eines Prompts durch den Nutzer eine Mitverantwortung bei diesem. Aktuell laufen zahlreiche Gerichtsverfahren, um hier Klarheit zu schaffen. Bis eindeutige rechtliche Rahmenbedingungen und Schutzmechanismen etabliert sind, ist besondere Vorsicht geboten. Von der kommerziellen Nutzung von KI-generierten Inhalten, deren rechtlicher Status unklar ist, sollte vorerst abgesehen werden, es sei denn, die Nutzungsbedingungen garantieren explizit die Übernahme der Haftung durch den Anbieter.
Fazit
Die rasante Entwicklung der KI bringt enorme Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich, die über die reine Faktenprüfung hinausgehen. Die hier genannten Punkte – von bevorzugten Informationsquellen über manipulative Fragestellungen und versteckte Befehle bis hin zu Bias und rechtlichen Grauzonen – verdeutlichen die Notwendigkeit eines kritischen und bewussten Umgangs. Wer sich dieser potenziellen Fallstricke bewusst ist, kann KI-Tools effektiver, sicherer und verantwortungsvoller nutzen.