Willkommen bei unserer KI-Tool der Woche Reihe, in der wir euch immer ein Tool vorstellen. Lange Zeit schien es ja so, als würde sich OpenAI mit ChatGPT nicht mehr einholen lassen. Und wenn doch mal ein Konkurrent zu nahe an die Leistung der GPT-Modelle rangekommen ist, hat das Unternehmen einfach direkt nachgelegt und wieder die alte Rangordnung hergestellt.
Das ist jetzt auf einmal anders, denn Claude, der Chatbot des Unternehmens Anthropic hat mit dem neuesten Modell Claude 3.5 Sonnet auf einmal sogar das neue GPT-4o Modell in vielen Benchmarks geschlagen und bringt außerdem eine innovative, neue Funktion mit, die dafür sorgt, dass auch wir aktuell ChatGPT nur noch extrem selten überhaupt verwenden.
Wie kann ich das nutzen und was kostet es?
Das größte Problem des Claude Chatbots in der Vergangenheit war es, dass man ihn in Deutschland gar nicht offiziell nutzen konnte. Seit einiger Zeit ist das aber vorbei und jetzt können wir alle ganz einfach unter claude.ai auf die KI zugreifen und das erst einmal komplett kostenlos. Man muss sich zwar einen Account erstellen – entweder mit Email-Adresse oder Google Konto, aber dann hat man direkt die Möglichkeit loszuchatten.
Besonders cool: Auch ohne bezahlten Account kann man in einem kleinen Ausmaß schon das neue Claude 3.5 Sonnet Modell verwenden, also die absolute Top-KI von Anthropic.
Wenn man sagt, das brauche ich öfter und außerdem noch ein paar andere Funktionen gibt es einen bezahlten Plan, der für Einzelpersonen 20 Dollar im Monat kostet und Pro-Plan heißt und für Unternehmen gibt es den Team-Plan für 30 Dollar im Monat pro User.
Im Pro-Plan bekommen wir ein deutlich höheres Limit für die besten Modelle und außerdem aktuell noch exklusiven Zugriff auf das größte Modell Claude 3 Opus, das allerdings etwas schlechter als das neue Claude 3.5 Sonnet Modell ist. Zu den Modellen aber gleich noch mehr.
Außerdem haben wir hier die Option sogenannte Projekte anzulegen, in denen wir Dateien als Wissensgrundlage für Claude hochladen können und damit arbeiten und außerdem allgemeine Anweisungen an den Bot definieren, an die sich immer gehalten wird. Das Ganze ist ein bisschen mit den Custom GPTs von ChatGPT vergleichbar, wenn einem das etwas sagt. Im Prinzip ist das einfach die Möglichkeit mit noch mehr Kontext mit KI zu arbeiten.
Und zuletzt werden Pro User bei hoher Auslastung natürlich bevorzugt behandelt und bekommen früher Zugriff auf neue und experimentelle Features des Chatbots.
Der Team-Plan beinhaltet alle Pro-Features mit nochmals erhöhten Limits, außerdem eine zentrale Abrechnung, was für Unternehmen oder andere Organisationen natürlich sinnvoll ist, sowie die Möglichkeit Unterhaltungen für Kolleginnen und Kollegen freizugeben und sie mit diesen zu teilen.
Kernfunktionen und Merkmale
Im Grunde ist Claude ein – Stand jetzt – hauptsächlich textbasierter Chatbot mit KI. Das klingt unspektakulär, aber es ist eben ein sehr, sehr guter Chatbot und dafür sorgen die KI-Modelle von Anthropic.
Den Claude Chatbot gibt es mit drei verschiedenen Modellen als “Gehirn”. Diese heißen:
- Haiku (Version 3) – Das kleinste und schnellste Modell für einfache Antworten
- Sonnet (Version 3.5) – Das mittlere Modell, aktuell als einziges in der neuen Version 3.5 und damit auch das beste Modell
- Opus (Version 3) – Das größte Modell für sehr komplexe Themen, aber noch in der alten Version 3
Wenn wir uns dann also mit unserem Account eingeloggt haben, egal ob kostenlos oder bezahlt, dann kommen wir direkt zur Chat-Oberfläche von Claude.
Wir haben prominent in der Mitte ein Eingabefeld (1), in dem wir unseren Prompt schreiben können und mit Claude chatten. Dabei gibt es die Modell-Auswahl (2), dort können wir entscheiden, welches der gerade angesprochenen KI-Modelle wir verwenden wollen und die Möglichkeit Dateien anzuhängen (3), aktuell werden hier Bilder und Text-Dokumente unterstützt. Wenn wir schom Unterhaltungen geführt haben, werden die direkt darunter angezeigt (4) und wir können jederzeit auch in einen dieser alten Chats springen und dort weitermachen, wo wir aufgehört haben.
Ich würde sagen, ohne es jetzt in die Länge zu ziehen, geben wir einen einfachen Beispielprompt ein und schauen uns dann an, wie der Chat an sich aussieht. Ich könnte ja zum Beispiel sagen: “Bitte schreibe eine einfache Einführung in maschinelles Lernen” und sobald ich das mit der Entertaste oder Klick auf den Button an der Seite abschicke wird meine Antwort für mich Wort für Wort generiert, wie wir es auch aus anderen Chatbots kennen.
Das Unterhaltungsfenster ist simpel gehalten und es gibt im Prinzip nicht viele Optionen.
Bei der Antwort haben wir die Möglichkeit Feedback zur Qualität zu geben mit einem Daumen hoch oder runter (1), außerdem können wir den Antworttext schnell kopieren (2) oder die ganze Antwort neu generieren lassen (3), wenn wir auf die entsprechenden Icons klicken.
Wenn unser Prompt verbesserungsbedürftig ist, können wir statt einfach eine neue Variante zu erzeugen, auch diesen verändern, indem wir mit der Maus darauf hovern und Edit auswählen. In diesem Fall bekommen wir dann eine komplett neue Antwort von Claude.
Oben rechts kann ich den Chat mit einem Stern markieren, das ist im Prinzip einfach eine Art Pin-Funktion, diese Unterhaltungen werden mir in meinem Verlauf immer ganz oben angezeigt.
Den Verlauf findet man jederzeit, wenn man sich mit der Maus nach links bewegt, bis die Seitenleiste eingeblendet wird, die man hier auch einfach immer anzeigen kann – mit einem Klick auf diesen Button.
Im Dropdown beim Namen der Unterhaltung können wir den jeweiligen Chat außerdem umbenennen oder löschen.
Über die Einstellungen gibt es eigentlich nicht viel zu berichten, hier ist das Interface doch ziemlich minimalistisch. Wenn wir oben rechts im Chat auf das Icon für Chat Controls klicken können wir die Schriftart ändern, unserem System anpassen oder sogar einen Font auswählen, der für Personen mit Legasthenie besser lesbar ist – was wir persönlich wirklich sehr cool finden!
Die weiteren Einstellungen finden wir durch einen Klick auf unser Profil, aber hier gibt es wirklich nur wenige Optionen. Wir können hier unseren Namen ändern, Abrechnung ändern, wenn wir einen bezahlten Plan haben oder unser Konto endgültig löschen lassen.
Unter Appearance können wir auf den Dark Mode wechseln oder die Ansicht an unsere Systemeinstellungen anpassen. Und dann haben wir noch den Punkt Feature Preview, der sehr wichtig ist, denn hier werden neue Funktionen vorgestellt, die man testen kann. Aktuell gibt es hier bei mir nur die Artifacts, die aber ein absolut innovatives Feature sind.
Mit Artifacts kann Claude direkt neben dem Chat Dokumente und sogar Code erstellen, der direkt aus ausgeführt und angezeigt werden kann, was für viele Anwendungen unglaublich nützlich ist.
Als letzte Funktion möchte ich jetzt noch kurz über Projects sprechen. Das ist zwar, wie wir schon am Anfang gehört haben ein Premiumfeature aber ich will es trotzdem zeigen, da es für manche sicherlich interessant ist. Wenn man mindestens einen Pro-Plan hat, dann findet man die Option “Projects” auf der Startseite und jederzeit in der Seitenleiste. Dort kann man dann ein solches Projekt anlegen und verschiedene Informationen angeben, die der KI direkt mehr Kontext zur Verfügung stellen.
Man startet damit, dass man dem Projekt einen Namen gibt und direkt darunter schreibt, was das Ziel ist, zum Beispiel Blogartikel schreiben oder Texte verbessern, was auch immer man möchte. Das sind dabei aber eigentlich nur Infos für uns, wenn wir das Projekt dann angelegt haben, dann können wir den Kontext für die KI definieren, in dem wir zum einen den Systemprompt festlegen.
An diese Anweisungen (1) wird sich Claude bei Unterhaltungen im Projekt immer halten, hier können wir also beispielsweise Dinge sagen wie: “Vermeide direkte Anrede” oder “Schreib immer in einfacher Sprache.”
Außerdem können wir dem Projekt hier Wissen geben (2), das der Chatbot dann durchsuchen kann und damit noch bessere Antworten geben, indem wir entweder direkt Text einfügen oder aber Dateien, zum Beispiel PDFs hochladen, die dann durchsucht werden können.
Damit schaffen wir es einfach uns noch ein bisschen spezialisiertere Versionen von Claude für bestimmte Zwecke zu “trainieren” und ich muss sagen, mich überzeugen die Ergebnisse davon auf jeden Fall.
Gibt es Apps für Claude?
Aktuell gibt es für Claude neben der Website sowohl eine App für iOS als auch seit Kurzem für Android. Bei der Ankündigung der App im Mai 2024 hat der Produktmanager Scott White zwar gesagt, dass die Android App bald folgen soll, es hat dann aber doch noch eine ganze Weile gedauert, bis im Juli endlich alle Smartphone User Zugriff bekommen haben.
Die App selbst bietet je nach Plan im Prinzip diesselben Funktionen wie die Website und ist damit eigentlich einfach eine angenehmere Lösung, wenn man nicht nicht ständig im Browser nach dem Chatbot suchen will.
Was ist die Zielgruppe von Claude?
Claude ist aktuell die Nummer-Eins-Alternative zu ChatGPT und liefert in vielen Fällen noch bessere Antworten als der lange Zeit unangefochtene OpenAI Bot. Damit ist die Zielgruppe entsprechend breit gefächert, denn man kann mit Claude unglaublich viele, verschiedene Dinge tun.
Egal, ob ich einfach nur Hilfe bei der Ideenfindung will, einen Bot brauche, der mir Texte oder Entwürfe schreibt, mich beim Coden unterstützt oder mir beim Auswerten von großen Datenmengen hilft. In all diesen Bereichen ist Claude sehr, sehr gut und wer aktuell von der Leistung von ChatGPT oder anderen Alternativen wie Gemini oder Copilot nicht so begeistert ist, sollte sich den Anthropic Bot auf jeden Fall mal anschauen.
Was sind die Vor- und Nachteile von Claude?
✅ Die Stärken von Claude:
- Sehr gute Antworten, vor allem beim neuen Claude 3.5 Sonnet Modell
- Fast alle Premiumfunktionen auch im kostenlosen Plan verfügbar
- Großes 200.000 Token Kontextfenster für viele Informationen im Prompt
- Die Artifacts-Funktion ist ein echter Gamechanger
❌ Die Schwächen von Claude:
- Fehlende Multimodalität (außer Vision), es kann fast nur mit Text gearbeitet werden
- Im kostenlosen Plan werden Limits für die besten Modelle und neue Funktionen oft schnell erreicht
Wer steckt eigentlich dahinter?
Wir haben den Namen ja jetzt im Video schon das ein oder andere Mal erwähnt – das Unternehmen hinter Claude heißt Anthropic und kommt aus den USA. Anthropic wurde 2021 von ehemaligen OpenAI Mitarbeitenden gegründet, darunter die Geschwister Daniela und Dario Amodei, letzterer war davor Vice President of Research beim ChatGPT Unternehmen.
Anthropic hat sich als Ziel gesetzt, KI in Einklang mit menschlichen Werten zu entwickeln indem versucht wird, das Einhalten von allgemein anerkannten ethischen Regeln durch spezifisches Training nach Grundsätzen u. a. der Vereinten Nationen zu erreichen. Inwieweit diese noblen Ziele wirklich umgesetzt werden, wird sich zeigen.
Die Amodei-Geschwister haben OpenAI damals aufgrund von Differenzen mit dem Rest des Teams verlassen, es ging wohl vor allem um die beginnende Partnerschaft mit Microsoft. Jetzt hat Anthropic allerdings schon 400 Millionen Investitionen von Google bekommen und eine formelle Partnerschaft mit Google Cloud angekündigt – da kann man sich natürlich fragen, ob der eine Tech-Gigant jetzt besser oder schlechter als der andere ist.
Ändert aber natürlich erst einmal nichts am sehr guten Produkt, das wir mit Claude aktuell verwenden können.
Abschlussbewertung
Für uns ist Claude aktuell im Bereich der KI-Chatbots die Nummer 1. Auch wenn das GPT-4o Modell zum Beispiel in der Chatbot-Arena für allgemeine Prompts noch immer vor Sonnet 3.5 liegt, finden wir die Antworten von Claude oft doch nochmal besser und haben daher sogar einen Pro-Plan bei Anthropic gekauft, von dem wir aktuell voll überzeugt sind und wirklich überlegen, ob unser ChatGPT Abo noch notwendig ist.
Das ist aber natürlich nur unsere subjektive Einschätzung, in den Leaderboards sieht man aber doch deutlich, wie gut das neue Modell ist und sich in vielen Kategorien nur knapp geschlagen geben muss und in anderen wie beispielsweise Coding sogar die Nummer 1 ist.