Grundkurs Prompt Engineering Teil 1 – Iterative Verbesserung

Grundkurs Prompt Engineering Teil 1 – Iterative Verbesserung

Wer kennt es nicht? Man stellt einer KI eine Frage in der Hoffnung auf eine gute Antwort und erhält stattdessen eine allgemeine, unpersönliche oder schlicht unbrauchbare Information. Es kann frustrierend sein, wenn ein Chatbot nicht sofort versteht, was man wirklich braucht. Der Schlüssel liegt oft nicht in der KI selbst, sondern in der Art und Weise, wie wir mit ihr kommunizieren.

Anstatt KI-Systeme wie ChatGPT, Gemini oder Claude als reine Befehlsempfänger zu sehen, laden wir euch ein, sie als kreative Partner zu betrachten. Stellt euch einen Bildhauer vor: Er schlägt nicht einmal auf einen Stein und erwartet eine fertige Skulptur. Er arbeitet sich in einem geduldigen Prozess, Schleife für Schleife, an das Meisterwerk heran. Genau diese Haltung – die iterative Verbesserung – kann den Umgang mit künstlicher Intelligenz transformieren und zu Ergebnissen führen, die wirklich hilfreich sind.

Was bedeutet iterative Verbesserung?

Iterative Verbesserung ist im Grunde ein fortlaufendes Gespräch. Es ist ein dynamischer Austausch, bei dem eine erste Idee durch gezieltes Feedback wächst und reift. Man beginnt mit einer einfachen Anfrage, schaut sich das Ergebnis an und gibt der KI dann klare Hinweise, wie es noch besser werden kann. Dieser Kreislauf aus Anfrage, Antwort und Verfeinerung führt schrittweise zu einem Ergebnis, das nicht nur korrekt, sondern auch genau passend für die eigene Situation ist.

Hier sind sechs Techniken, die euch helfen, diesen kreativen Dialog zu meistern.

1. Feedback-Schleifen

Die Basis für jede gute Zusammenarbeit ist ehrliches Feedback. Statt den Mut zu verlieren, wenn eine Antwort nicht den Erwartungen entspricht, hilft es, der KI konkrete Rückmeldungen zu geben.

Anwendungsbeispiel: Eine persönliche Marketing-E-Mail

  • Erster Impuls: „Schreibe eine Marketing-E-Mail für einen neuen, smarten Kaffeebecher.“
  • Feedback nach der ersten Antwort: „Das ist ein guter Anfang. Aber hebe bitte stärker hervor, dass der Becher die Temperatur für 12 Stunden hält und per App steuerbar ist. Der Ton sollte außerdem etwas lockerer sein.“

Warum ist das so effektiv? Weil ihr die KI präzise darauf hinweist, was an der vorherigen Antwort noch nicht optimal war und wie es verbessert werden kann. Ihr baut auf dem Bestehenden auf und führt die KI schrittweise zum gewünschten Ergebnis. Es ist, als würde man Kolleg:innen Feedback geben, um deren Arbeit zu verbessern. 

2. Schrittweise mehr Details hinzufügen

Fühlt man sich von einem großen Thema überwältigt, ist es hilfreich, klein anzufangen. Diese Technik zerlegt komplexe Aufgaben in leicht verdauliche Häppchen und schafft so nach und nach ein umfassendes Verständnis.

Anwendungsbeispiel: Eine Präsentation über erneuerbare Energien

  1. Die Grundlage: „Was sind die Hauptkategorien erneuerbarer Energien?“
  2. Die Vertiefung: „Erkläre mir genauer, wie Solarenergie funktioniert und welche verschiedenen Arten von Solartechnologien es gibt.“
  3. Der Fokus: „Welche Vor- und Nachteile hat Photovoltaik im Vergleich zu Solarthermie für den Einsatz in Privathaushalten?“

Das Gute daran ist: Ihr werdet nicht von einer Informationsflut überwältigt. Stattdessen baut ihr euer Verständnis Schicht für Schicht auf, von den Grundlagen bis zu spezifischen Details. Die KI agiert wie ein geduldiger Tutor, der euch durch das Thema führt.

3. Fragen stellen um Unklarheiten zu beseitigen

Manchmal sind KI-Antworten mit Fachbegriffen gespickt, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Hier sollte man niemals zögern, nochmal nachzuhaken.

Anwendungsbeispiel: Komplexe Finanzkonzepte

Wenn die KI den Begriff „Derivate“ verwendet:

  • Eine klärende Nachfrage könnte sein: „Du hast den Begriff „Derivate“ erwähnt. Kannst du mir einfach erklären, was das ist und ein konkretes Beispiel für ein Derivat geben, das im Alltag relevant sein könnte?“
  • Oder allgemein: „Das Konzept XY habe ich noch nicht ganz verstanden. Kannst du es anhand einer Analogie erklären?“

Echtes Verständnis entsteht nur dann, wenn Unklarheiten beseitigt werden. Indem ihr die KI auffordert, Beispiele zu geben, Analogien zu verwenden oder Dinge anders zu formulieren, zwingt ihr sie, präziser zu werden und stellt sicher, dass ihr die Informationen auch wirklich aufnehmt und nicht nur überlest.


4. Zusammenfassen und Kombinieren

Bei längeren, kreativen Prozessen ist es wichtig, zwischendurch innezuhalten und sicherzustellen, dass alle noch auf dem gleichen Stand sind. Eine Zusammenfassung wirkt hier wie ein gemeinsamer Ankerpunkt.

Anwendungsbeispiel: Eine Reise planen

Nachdem verschiedene Ideen für eine Italienreise besprochen wurden:

  • Bitte um Zusammenfassung: „Fasse bitte unsere bisherigen Überlegungen für die Reise nach Italien zusammen: mögliche Städte, Reisedauer und präferierte Aktivitäten. Basierend darauf, schlage mir jetzt konkrete Routenoptionen für eine 10-tägige Reise vor.“

Diese Zusammenfassung dient als Checkpoint. Ist die KI noch auf der richtigen Spur? Versteht sie die Kernpunkte eurer bisherigen Konversation? Erst wenn das gesichert ist, macht ihr weiter, könnt also weitere Details oder neue Informationen hinzufügen. Das verhindert, dass die KI auf falschen Annahmen aufbaut.

5. Anfragen neu formulieren (Reframing)

Manchmal liegt ein Missverständnis nicht an der KI, sondern an unserer eigenen, vielleicht zu ungenauen Formulierung. Die Anfrage aus einem neuen Blickwinkel zu formulieren, kann Wunder wirken.

Anwendungsbeispiel: Ein kreatives Team-Event

  • Ungenauer erster Impuls: „Gib mir Ideen für ein Team-Event.“
  • Präziser, neu formulierter Prompt: „Schlage mir drei unkonventionelle und interaktive Outdoor-Aktivitäten für ein Teambuilding-Event mit 20 Personen vor, die maximal 4 Stunden dauern und wenig Vorbereitung benötigen.“

Durch die Neuformulierung gebt ihr der KI präzisere Leitplanken, an denen sie sich orientieren kann. Oft erkennt sie durch eine leicht veränderte Anfrage eure Intention viel besser und liefert passgenauere Vorschläge. Es ist, als würde man einem Gesprächspartner, der einen falsch verstanden hat, die Frage noch einmal anders stellen. 

6. Perspektivenwechsel

Jede Information entfaltet ihre Wirkung erst im richtigen Kontext. Indem man die KI bittet, eine bestimmte Rolle einzunehmen, kann sie ihre Antworten perfekt auf die jeweilige Zielgruppe zuschneiden.

Anwendungsbeispiel: KI in der Medizin

  • Perspektive für Patienten: „Erkläre die Vorteile von KI in der Medizin so, als würdest du es einem Patienten ohne technischen Hintergrund erklären. Nutze einfache Sprache und Alltagsbeispiele.“
  • Perspektive für Ärzte: „Verfasse ein Argument für den Einsatz von KI in der Diagnose aus der Sicht eines erfahrenen Arztes, der die Vorteile für die Versorgungsqualität hervorhebt.“

Der Perspektivenwechsel zwingt die KI, den Inhalt, den Ton und die Komplexität ihrer Antwort anzupassen. So erhaltet ihr maßgeschneiderte Informationen, die für den jeweiligen Kontext oder die Zielperson viel verständlicher und relevanter sind. Es ist, als würde ein Schauspieler in verschiedene Rollen schlüpfen, um eine Geschichte auf unterschiedliche Weisen zu erzählen. 

Fazit

Die Zusammenarbeit mit einer KI ist eine Weg, kein einmaliges Ziel. Es geht darum, vom reinen Fragesteller zum Gestalter eines kreativen Dialogs zu werden. Durch Geduld und die hier vorgestellten Techniken können Antworten erzeugt werden, die wirklich hilfreich und gut sind.

Probiert es doch einfach mal aus. Nehmt einen eurer letzten Prompts und versucht, ihn mit einer dieser Methoden zu verfeinern.

Autor

  • Profilbild von Johannes Ruof

    Johannes Ruof ist Mitgründer und Geschäftsführer der Meixner & Ruof UG. Als KI- und Office-Experte betreibt er zusammen mit Timothy Meixner den erfolgreichen YouTube-Kanal Digitale Profis (125.000+ Abonnent:innen).

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