Grundkurs Prompt Engineering Teil 2 – Kontextuelles Gedächtnis

Grundkurs Prompt Engineering Teil 2 – Kontextuelles Gedächtnis

Habt ihr euch schon einmal gewünscht, eine KI würde sich an das erinnern, was ihr vor fünf Minuten besprochen habt, damit ihr nicht ständig alles wiederholen müsst? Oder habt ihr die Erfahrung gemacht, dass wichtige Zusammenhänge im Laufe eines Gesprächs plötzlich verloren gehen? Dann habt ihr bereits mit dem kontextuellen Gedächtnis einer KI interagiert – einer oft unterschätzten Fähigkeit, die den Unterschied zwischen einem unbefriedigenden Frage-Antwort-Spiel und einem wirklich flüssigen Dialog ausmacht.

Das kontextuelle Gedächtnis ermöglicht es einer KI, Informationen und den Gesprächsverlauf über mehrere Interaktionen hinweg zu „behalten“ und zu berücksichtigen. Es ist die absolute Grundlage für sinnvolle, aufeinander aufbauende Dialoge. Ohne dieses Verständnis wäre jede eurer Anfragen isoliert, als würde euer Gesprächspartner bei jeder Frage komplett bei Null anfangen.

Doch dieses Gedächtnis ist nicht unendlich. KI-Modelle arbeiten mit einem sogenannten „Kontextfenster“ von begrenzter Größe. Glücklicherweise können wir als User aktiv dazu beitragen, dass die KI relevante Informationen besser behält und nutzt. Hier sind fünf einfache Techniken, die eure KI-Interaktionen sofort verbessern.

1. Logisches Anknüpfen: Den Gesprächsfaden natürlich weiterführen

Dies ist die einfachste Art, einen kohärenten Dialog zu führen. Sorgt dafür, dass eure Prompts nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich an die vorherige Antwort der KI anknüpfen.

Beispiel: Ihr lasst euch bei der Auswahl eines Laptops beraten.

  • KI-Antwort: „Für diese Anforderungen empfehle ich ein Ultrabook mit langer Akkulaufzeit und guter Portabilität.“
  • Euer anknüpfender Prompt: „Okay, das klingt gut. Welche spezifischen Ultrabook-Modelle, die kürzlich auf den Markt gekommen sind, würdest du denn in diesem Zusammenhang hervorheben und warum?“

Indem ihr explizit Bezug nehmt („in diesem Zusammenhang“), signalisiert ihr der KI klar, dass sie die zuvor etablierten Kriterien weiterverwenden soll. So entsteht ein roter Faden und die Ergebnisse werden deutlich relevanter.

2. Aktive Erinnerung: Wichtige Kernpunkte im Fokus behalten

In längeren oder komplexen Dialogen können anfangs definierte Rahmenbedingungen von der KI „vergessen“ werden, wenn sie aus dem Kontextfenster fallen. Erinnert die KI aktiv an diese Punkte.

Beispiel: Ihr plant ein Softwareprojekt und habt anfangs ein festes Budget definiert.

  • Euer Prompt nach einer Diskussion über Features: „Erinnere dich daran, dass wir ein maximales Budget von X Euro festgelegt haben. Bitte bewerte die gerade diskutierten Features auch vor diesem finanziellen Hintergrund und schlage gegebenenfalls kostengünstigere Alternativen vor.“

Durch den expliziten Bezug holt ihr entscheidende Informationen zurück in den Fokus und stellt sicher, dass sie bei aktuellen Überlegungen berücksichtigt werden.

3. Die Kontext-Zusammenfassung: Den roten Faden sichern

Wenn ein Dialog sehr lang wird, viele Aspekte behandelt wurden oder ihr eine Pause eingelegt habt, ist eine Zusammenfassung Gold wert. Sie dient als erneutes „Briefing“ für die KI.

Beispiel: Ihr habt eine Content-Strategie für euren Blog erarbeitet.

  • Euer Prompt: „Okay, fassen wir zusammen: Unsere Zielgruppe sind junge Gründer, die wichtigsten Content-Säulen sind Marketing, Finanzierung und Produktivität, und wir wollen wöchentlich einen praxisorientierten Artikel veröffentlichen. Basierend auf all dem, schlage mir jetzt bitte fünf konkrete Blogartikel-Titel für den nächsten Monat vor, die zu dieser Strategie passen.“

Diese Technik funktioniert wie das bekannte „Was bisher geschah…“ einer Serie und stellt sicher, dass die nächsten Schritte auf einer soliden, gemeinsamen Basis aufbauen.

4. Der Verständnis-Check: Sicherstellen, dass die KI auf Kurs ist

Geht nicht nur davon aus, dass die KI den Kontext verstanden hat – überprüft es aktiv. Bittet die KI, wichtige Eckpunkte in eigenen Worten zusammenzufassen.

Beispiel: Ihr habt eine komplexe Produktstrategie besprochen.

  • Euer Prompt: „Bevor wir mit der Marketingplanung beginnen, fasse bitte noch einmal kurz zusammen, was du als die drei Kernmerkmale unseres neuen Produkts und unsere primäre Zielgruppe verstanden hast.

Dies gibt euch die Chance, Missverständnisse frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren, bevor sie den weiteren Dialog negativ beeinflussen.

5. Gezielte Wiederholung: Wichtige Erkenntnisse festigen

Manchmal liefert die KI besonders treffende Formulierungen oder Ideen, die als Anker für den weiteren Verlauf dienen sollen. Greift diese Kernaussagen in einem späteren Prompt wieder auf, um ihre Wichtigkeit zu verstärken.

Beispiel: Die KI hat die Herausforderungen eines Projekts zusammengefasst.

  • KI-Aussage: „Die Hauptschwierigkeiten liegen in der Skalierbarkeit der Datenbank und der Integration der Altsysteme.“
  • Euer Folgeprompt: „Genau diese beiden Punkte – ‚Skalierbarkeit der Datenbank und Integration der Altsysteme‘ – sollten unser Fokus sein. Welche konkreten Lösungsansätze siehst du für die Datenbankskalierbarkeit unter Berücksichtigung unseres Tech-Stacks?“

Indem ihr präzise Aussagen zitiert, helft ihr der KI, sich an diese hochrelevanten Informationen zu „erinnern“ und darauf aufzubauen.

Fazit

Das Gedächtnis der KI ist keine rein passive Fähigkeit. Indem wir diese Techniken anwenden, können und sollten wir aktiv dazu beitragen, dass die KI den Faden behält. Dies führt zu Dialogen, die nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern in die Tiefe gehen und deutlich zielführendere, nachvollziehbarere und letztlich wertvollere Ergebnisse liefern.

Autor

  • Profilbild von Johannes Ruof

    Johannes Ruof ist Mitgründer und Geschäftsführer der Meixner & Ruof UG. Als KI- und Office-Experte betreibt er zusammen mit Timothy Meixner den erfolgreichen YouTube-Kanal Digitale Profis (125.000+ Abonnent:innen).

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